Filter

Elektroauto mit Wohnwagen: Klappt es schon über die Alpen?


In der hat das Elektroauto sich längst durchgesetzt. Doch wie steht es bei längeren Fahrten – und dann noch mit Anhängelast? Der ADAC ist kürzlich mit einem Elektroauto samt Wohnwagen über die Alpen gefahren. Das Fazit der Experten: Trotz deutlich höheren Verbrauchs mit dem Wohnwagen ist die Reichweite bereits ausreichend – die Ladeinfrastruktur ist jedoch noch ausbaufähig.

Die Reichweite gilt nach wie vor als möglicher Schwachpunkt von Elektroautos – vor allem für jene, die längere Strecken fahren. Der ADAC hat kürzlich einen Härtetest durchgeführt und ist mit einem Kia EV6 über die Alpen gefahren – und zwar mit Wohnwagen.

E-Auto mit Anhängerkupplung kann bis zu 2500 Kilo ziehen

Damit ein Elektroauto einen Wohnwagen ziehen kann, benötigt es eine Anhängerkupplung – die längst nicht immer vorhanden ist. Zugkraft besitzen E-Autos durchaus – etwa der BMW IX mit bis zu 2.500 Kilo und das Tesla Model X mit bis zu 2.268 Kilo. Doch auch Hyundai Ioniq 5, Kia EV6 (jeweils 1.600 Kilo) sowie VW ID4 und Skoda Enyaq (1.200 Kilo in der Allradversion) können gewisse Lasten ziehen. Viele beliebte E-Autos wie z.B. Renault Zoe und VW ID.3 besitzen dagegen gar keine Anhängerkupplung.

Die ADAC Tester hängen einen Dethleffs Aero 470 FSK Wohnwagen an einen Kia EV6. Der Wohnwagen wiegt 1.600 Kilo und lastet die Zugkraft des E-Autos somit voll aus. Die Strecke: Los ging es in Landsberg am Lech über den Brenner nach Venedig. Die 532 km lange Strecke wurde am ersten Tag zurückgelegt.

Am zweiten Tag startete die Rückkehr von Venedig bis nach Villach (333 km) und am dritten Tag erfolgte die Fahrt zurück nach Landsberg (416 km). Es ging also durch Österreich, Italien und Slowenien.
Die Tester zeigten sich von der Kraft des Kia EV6 begeistert: Das Elektroauto habe sich als „hervorragendes Zugfahrzeug“ erwiesen. Durch 239 KW und Allradantrieb habe das Auto zu keiner Zeit Mühe mit der Anhängelast gehabt und sei auch bei Bergauffahrten sowie auf Passstraßen und Überholvorgängen stets zuverlässig gewesen. Die Rückfahrkamera sei beim häufigen Anhängen des Wohnwagens sehr hilfreich gewesen.

Mit Wohnwagen sinkt E-Auto Reichweite auf 200 km

Unter Berücksichtigung einer Reserve sank allerdings die Reichweite des Fahrzeugs auf 180-200 km. Am ersten Tag – auf der viel befahrenen Route über den Brenner ans Mittelmeer – sei dies kein Problem gewesen.

Am zweiten und dritten Tag tauchten jedoch Probleme auf. So scheiterte das Laden ohne Ladekarte in Slowenien. Zwei Totalausfälle von Schnellladeparks erwiesen sich als zusätzliche Schwierigkeit. Einmal mussten die Tester den Wohnwagen stehen lassen, um es noch bis zur nächsten Ladesäule zu schaffen.

Ein unmissverständliches Teilfazit der Experten: „Dass (…) wichtige Ladesäulen über Tage außer Betrieb sind oder einfach mal komplett ausfallen, ist nicht akzeptabel. Hier muss sich bei den Betreibern dringend ein besseres Verständnis von Zuverlässigkeit entwickeln.“

So waren etwa die HPC (“High Power Charging” = Schnellladesäule) von Porsche in Ljubljana und Ionity in Eisentratten (Österreich) komplett ausgefallen.

Elektroauto braucht mit Wohnwagen im Schlepptau 80 % mehr Strom

Der Stromverbrauch des Kia EV6 stieg laut dem ADAC Test um 83 % %. Laut Bordcomputer lag der Durchschnittsverbrauch auf der 1.281 km langen Strecke demnach bei 36,6 kWh pro 100 km. Im Normalzustand – also ohne Wohnwagen – Verbrauch der Kia 20 kWh.

Inklusive den Ladeverlusten (11,3 %) belief sich der tatsächliche Stromverbrauch im Test dann auf 40,7 kWh pro 100 km. Dabei war die Fahrgeschwindigkeit so gewählt, wie sie auch bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor üblich ist. Im Durchschnitt lag die Geschwindigkeit demnach an den drei Tagen bei 62 km/h, 70 km/h und 76 km/h.
Mit der höheren Geschwindigkeit stieg auch der Verbrauchsunterschied im Vergleich zu einer Fahrt ohne Wohnwagen. Am zweiten Tag lag der Verbrauch 101 % höher – am ersten Tag um lediglich 70 %.

522 kW Strom in acht Ladevorgängen getankt

Insgesamt wurden bei acht Ladevorgängen 520 kWh Strom benötigt. Sechs Ladevorgänge erfolgten auf der Strecke, einer über Nacht an einen Campingplatz und der letzte Ladevorgang nach der Rückkehr auf das Gelände des ADAC.
Die Kosten für die Ladevorgänge summierten sich auf 233 EUR. Dies entspricht laut Rechnung des ADAC 18,18 EUR pro 100 km und damit den Verbrauchskosten eines Dieselfahrzeugs mit Wohnwagen im Schlepptau.

Wie die Tester ausdrücklich anmerkten, ist die Spanne der Ladekosten ausgesprochen groß. Die Bandbreite reichte demnach von kostenlos bis 0,79 EUR pro Kilowattstunde. An einer Schnellladestation in Slowenien wurde dem Bericht nach nicht nach Strommenge (Kilowattstunden), sondern nach Dauer des Ladevorgangs abgerechnet.
Fällig wurden hier 0,43 EUR pro Minute. Ein Nachteil war dies jedoch nicht. Da der Kia EV6 schnell lädt, ergab sich den Experten zufolge ein kWh Preis von lediglich 0,16 EUR.

Mit E-Auto und Wohnwagen über die Alpen: Ist es empfehlenswert?

Grundsätzliche Probleme für die Überquerung der Alpen mit einem an ein E-Auto angehängten Wohnwagen sehen die ADAC Tester nicht. Zwar sei die Reichweite mit knapp über 200 km eher gering.

Im Test sei jedoch ein schnellladendes Fahrzeug verwendet worden. Die Geschwindigkeit des Ladevorgangs stufen die Experten deshalb für längere Fahrten als entscheidende Kriterien neben Reichweite und Effizienz ein.

Die Testfahrer bemerkten jedoch auch, dass es noch an einem zuverlässigen und dichten Ladennetz fehlt – insbesondere Hinblick auf Schnellladesäulen. Das Liegenbleiben des Gespanns konnte nur knapp verhindert werden. Durch Umwege, außer Betrieb befindliche Ladesäulen und Authentifizierungsprobleme fielen dem Bericht zufolge erhebliche Zeitverluste an.
Diese „wären auf einer Urlaubsfahrt nicht akzeptabel“. Ladesäulen sollten deshalb nach Ansicht des ADAC eine Zuverlässigkeit vergleichbar mit jener von Zapfsäulen haben. Außerdem sollte der Bezahlvorgang mittels gängiger Zahlungsmittel (Kreditkarten etc.) direkt vor Ort möglich sein.

Der Test fand zur Nebensaison statt. Zur Hauptreisezeit, so bemerkten die Testfahrer, seien Ladestationen stärker ausgelastet und womöglich sogar überbelegt.